Der Tag der Befreiung

Vor siebzig Jahren befreiten Soldaten der US-Armee die Häftlinge des Konzentrationslagers Dachau. Am 29. April 1945 begann für viele Häftlinge ein neues Leben. So schrieb Edgar Kupfer-Koberwitz in sein Tagebuch: „Der Tag ist vorbei, dieser 29. April. Ich will ihn mein Leben lang feiern als meinen zweiten Geburtstag, als den, der mir neu das Leben schenkte.“
Diesen Jahrestag nahm die KZ-Gedenkstätte Dachau zum Anlass, die Überlebenden zu bitten, ihre Erinnerungen an den Tag der Befreiung in einer Videobotschaft zu schildern. So berichten hier neun Überlebende unterschiedlicher Nationen über ihr Leiden während ihrer Gefangenschaft, über ihre Erlebnisse während der Befreiung, aber auch über ihr Leben danach.

         
Jack Adler Eugeniusz Bądzyński Maurice Cling Giuseppe Covacich Nick Hope
         
 
Bela Löwy Morris Price Jack Repp Agnes Sassoon  
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Jack Adler


Jack Adler wurde 1929 im polnischen Pabianice geboren, wo die Familie ein Textilgeschäft besaß. Unmittelbar nach der Besetzung seiner Heimatstadt durch die deutsche Wehrmacht am 8. September 1939 begann die Verfolgung der jüdischen Bevölkerung. Szlama Adler – so sein damaliger offizieller Name – verlor durch den nationalsozialistischen Völkermord seine gesamte Familie: Seine Mutter und sein Bruder kamen im Ghetto Łódź (Litzmannstadt) um, seine beiden Schwestern wurden in den Konzentrationslagern Auschwitz-Birkenau und Bergen-Belsen ermordet, sein Vater starb durch die brutalen Arbeitsbedingungen in Kaufering, einem Außenlager des KZ Dachau. Auch Jack Adler war nach Auschwitz und von dort in eines der Kauferinger Außenlager verschleppt worden. Die fast ausschließlich jüdischen KZ-Häftlinge mussten dort Großbunker für die Produktion von Jagdflugzeugen bauen. Ab dem 23. April 1945 begann die SS die Häftlinge des KZ Dachau in mehreren Todesmärschen Richtung Tiroler Ötztal zu treiben, darunter war auch Jack Adler. Nach seiner Befreiung am 1. Mai 1945 wurde der 16-Jährige in das DP-Camp (Displaced Persons) Föhrenwald bei Wolfratshausen in Oberbayern gebracht. Das Lager hatte die US-Armee unmittelbar nach Kriegsende für befreite Zwangsarbeiter und Überlebende des KZ Dachau eingerichtet. Im Dezember 1946 kam Jack Adler als Kriegswaise zu einer Pflegefamilie nach Skokie, einer jüdisch geprägten Vorstadt von Chicago. Er diente in der US-Armee, heiratete 1953, machte seinen College-Abschluss und Karriere in der Justizverwaltung. Seit seiner Pensionierung setzt er sich in Vorträgen, Interviews und Veröffentlichungen mit seinen Erfahrungen während des Holocaust öffentlich auseinander. 2012 erschienen seine Erinnerungen unter dem Titel „A Holocaust Narrative“.

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Eugeniusz Bądzyński


Eugeniusz Bądzyński wurde 1928 in Wilno, heute Vilnius, geboren. Wie der gesamte Südosten Litauens gehörte die Stadt bis zum Zweiten Weltkrieg zu Polen. Später zog die Familie in das bei Warschau gelegene Zielonka. Von dort wurde Eugeniusz Bądzyński als 16-Jähriger Anfang September 1944 in das Durchgangslager 121 (Dulag 121) verschleppt. Die deutsche Besatzung richtete das Lager in Pruszków während des Warschauer Aufstands (1. August 1944 bis 2. Oktober 1944) ein, um die Zivilbevölkerung des Großraums Warschau gefangen zu halten. Die Zustände im Lager waren katastrophal: Überfüllung, Hunger und vollkommen unzureichende Hygiene führten zur Ausbreitung von Seuchen. Vom 6. August 1944 bis zum 16. Januar 1945 durchliefen rund 650.000 Menschen das Lager. Wie Eugeniusz Bądzyński selektierte die SS die meisten Gefangenen nach wenigen Tagen, um sie zur Zwangsarbeit nach Deutschland zu verschleppen oder in Konzentrationslager zu deportieren. So erreichte am 12. September 1944 ein Transport mit 3.042 Warschauern das KZ Dachau. Noch am selben Tag wurde Eugeniusz Bądzyński in Dachau als Nummer 106535 registriert. Er wurde dem „Kräutergarten“ zugeteilt, einem der größten Arbeitskommandos im Hauptlager Dachau. Während die offizielle Bezeichnung eine Verharmlosung war, traf die Häftlingssprache die brutale Wirklichkeit der Arbeitsbedingungen genau: Auf der „Plantage“ mussten 1944 rund 1.600 Gefangene Heil- und Gewürzkräuter für die Kriegswirtschaft anbauen, bei jeder Witterung, unterernährt und ständig von Misshandlungen bedroht. Nach der Befreiung stellte die US-Verwaltung das KZ Dachau aufgrund einer Typhusepidemie unter strikte Quarantäne. Eugeniusz Bądzyński kam in Quarantäne in das Lager München-Freimann. Im August 1945 kehrte er in seine Heimatstadt zurück.

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Maurice Cling


Maurice Cling wurde am 4. Mai 1944, seinem 15. Geburtstag, zusammen mit seinen Eltern und seinem älteren Bruder in das zentrale Sammel- und Durchgangslager Drancy im besetzten Frankreich gebracht. Von dort deportierte die SS insgesamt 65.000 Juden nach Auschwitz-Birkenau, darunter auch die Familie von Maurice Cling. In dem Vernichtungslager ermordete die SS alle seine Angehörigen. Maurice Cling selbst wurde dem Kommando zugeteilt, das im Stammlager Auschwitz die Häftlingslatrinen säubern musste. Vor der Befreiung durch die sowjetische Armee im Januar 1945 wurde er mit einem der mörderischen „Evakuierungstransporte“ in das KZ Dachau verschleppt. Ab dem 22. April 1945 begann die SS die Häftlinge in mehreren Todesmärschen Richtung Tiroler Ötztal zu treiben, darunter auch Maurice Cling. Schließlich wurde er in Mittenwald von US-Truppen befreit und zusammen mit anderen Überlebenden in einer Kaserne in Garmisch-Partenkirchen provisorisch untergebracht. Mitte Mai 1945 kehrte Maurice Cling in seine Heimatstadt Paris zurück. Er studierte Englisch und erhielt eine Professur für Linguistik und Phonetik, später für Komparatistik in Metz und Paris. 1999 veröffentlichte er seine Erinnerungen unter dem Titel „Vous qui entrez ici . . . Un enfant á Auschwitz“.

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Giuseppe Covacich


Giuseppe Covacich wurde als 19-Jähriger gemeinsam mit seinem Vater, seiner Mutter und seiner Schwester am 1. März 1944 in seiner Heimatstadt Triest von der faschistischen politischen Polizei Italiens verhaftet, weil die Familie slowenischer Herkunft ist. Nach brutalen Verhören wurde er zusammen mit seinem Vater über das Konzentrationslager Dachau nach Leonberg deportiert. Seine Mutter und seine Schwester verschleppte die SS nach Auschwitz. In Leonberg, einem Außenlager des KZ Natzweiler-Struthof, mussten ab Frühjahr 1944 einige Hundert Menschen Zwangsarbeit leisten. Bis Januar 1945 stieg ihre Zahl auf mehr als 3.200 Gefangene. Der weitaus größte Teil der aus 24 Ländern Deportierten wurde für den Bau von Tragflächen des Düsenflugzeugs Messerschmitt Me 262 in 12-Stunden-Schichten eingesetzt. Ende März 1945 wurde Giuseppe Covacich über das Dachauer Außenlager Kaufering offensichtlich nach Ganacker verlegt. Dieses sehr spät errichtete Außenlager des KZ Flossenbürg bei Landau an der Isar bestand nur kurz. Gekennzeichnet war es durch Desorganisation, völlige Mangelversorgung und eine entsprechend hohe Sterberate. Unter katastrophalen Arbeitsbedingungen mussten die Häftlinge aus 17 Nationen die Start- und Landebahnen des Fliegerhorst Ganacker ausbauen bzw. neu anlegen. Am 24. April 1945 evakuierte die SS das Außenlager. Nach einem Fluchtversuch während des Evakuierungsmarsches wurde Giuseppe Covacich am 3. Mai 1945 in das KZ Ebensee in Österreich deportiert. Seine Erinnerungen an die Spätphase dieses Außenlagers von Mauthausen decken sich mit denen anderer Überlebender: Ursprünglich hatte die SS das für 6.000 bis 7.000 Häftlinge geplante Lager für die Produktion der Raketenwaffen V1 und V2 vorgesehen. Ab Januar 1945 durch immer neue Transporte vollkommen überfüllt, geriet Ebensee aber immer mehr zum Sterbelager, wo die SS arbeitsunfähige Häftlinge durch Hunger und systematische Vernachlässigung ermordete. Allein im April 1945 starben 4.500 Häftlinge. Sofort nach der Befreiung durch die Amerikaner schlug sich Giuseppe Covacich gemeinsam mit seinem Vater nach Triest durch. Seine Mutter und seine Schwester überlebten Auschwitz.

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Nick Hope


Nick Hope wurde 1925 als ältestes von sechs Kindern im ukrainischen Petrowka als Nikolai Choprenko geboren. Unter dem Stalin-Regime musste er miterleben, wie durch die Massenhungersnot in der Ukraine 1933/34 seine beiden jüngsten Geschwister starben. Während der deutschen Besatzung deportierte ihn die SS als Zwangsarbeiter in eine deutsche Munitionsfabrik, wo Nick Hope nach einer Explosion Sabotage unterstellt wurde. Daraufhin wurde er im Februar 1943 in das KZ-Außenlager Dachau-Allach überstellt. Hier vermietete die SS die Häftlinge an BMW. Die Gefangenen mussten in 12-Stunden-Schichten Flugzeugmotoren bauen, wobei der Arbeitsalltag durch ständigen Hunger und Misshandlungen, auch durch Betriebsangehörige, bestimmt war. Das Außenlager Dachau-Allach und das OT-Lager Allach-Karlsfeld bildeten einen riesigen Lagerkomplex mit insgesamt 9.300 Häftlingen. Am Abend des 26. April 1945 begann die SS 6.887 Gefangene in Marschkolonen aus dem Dachauer Hauptlager zu treiben. Bereits einige Stunden zuvor hatte die SS rund 2.000 Häftlinge aus dem Außenlager Dachau-Allach Richtung Süden in Marsch gesetzt, darunter auch Nick Hope. Die Essensrationen waren minimal, hinzu kam die winterliche Witterung mit Regen und Schnee. Gefangene, die zusammenbrachen oder nicht Schritt hielten, erschoss oder erschlug die SS. Die letzten Überlebenden des Dachauer Todesmarsches befreite die US-Armee erst am 2. Mai in Waakirchen. Nick Hope wog nur noch 40 Kilogramm bei seiner Befreiung. Nach der langwierigen Genesung arbeitete er ab 1951 als Lagerist im Alabama-Depot der 7. US-Armee in München. Dort heiratete er. 1961 emigrierte das Paar in die USA, Nadya und Nick Hope haben drei Kinder.

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Bela Löwy


Bela Löwy wurde 1928 in Hajdúhadház, einer Kleinstadt in Ostungarn, als Sohn einer jüdischen Familie geboren. Im Zweiten Weltkrieg war Ungarn mit dem Deutschen Reich verbündet. Der rechtsautoritäre Reichsverweser Miklós Horthy verfolgte zwar eine antisemitische Politik, wobei die ungarische Armee auch vor Gewaltverbrechen gegen Juden nicht zurückschreckte. Zunächst widersetzte sich das Regime aber dem Drängen des deutschen Bündnispartners, jüdische Staatsbürger auszuliefern. Als die Wehrmacht am 19. März 1944 das Land besetzte, um ein Ausscheren Ungarns aus der Allianz mit dem Deutschen Reich zu verhindern, waren die rund 725.000 Juden jedoch unmittelbar von Vernichtung bedroht. Angeleitet von einem 200-köpfigen SS-Sonderkommando übernahmen es ungarische Behörden und die ungarische Gendarmerie ab Mitte April, die jüdische Bevölkerung in Ghettos zusammenzutreiben, und bereits einen Monat später rollten Tag für Tag Deportationszüge nach Auschwitz-Birkenau. Bis Anfang Juli verschleppte die SS insgesamt 438.000 Juden von Ungarn in das Vernichtungslager. Die meisten Deportierten wurden unmittelbar nach der Ankunft durch Gas ermordet, so auch die Eltern und vier Geschwister von Bela Löwy. Rund 100.000 ungarische Juden nahm die SS von den Morden aus, um sie als Zwangsarbeiter für die deutsche Kriegswirtschaft einzusetzen. Unter ihnen war auch der 15-jährige Bela Löwy. Als die SS einen Transport in ein anderes Lager zusammenstellte, meldete er sich freiwillig, um Auschwitz zu entkommen, und in der Hoffnung, selbst ein schweres Arbeitskommando könnte eine Überlebenschance bieten. Im Juni 1944 wurde er nach Dachau überstellt und musste unter anderem in dem OT-Lager Allach-Karlsfeld („Judenlager“) arbeiten. In diesem Teillager des Außenlagers Dachau-Allach mussten über 1.100 KZ-Häftlinge unter Leitung der Organisation Todt, einer staatlichen Bauorganisation, Bunker für BMW errichten. Schließlich befreiten US-Truppen Bela Löwy auf einem der Todesmärsche Richtung Tirol in Mittenwald. Im Januar 1948 emigrierte er nach Kanada, heiratete und gründete eine Familie.

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Morris Price


Morris Price wurde 1927 als Moniek Prajs als jüngstes von sechs Kindern im polnischen Wolbrom geboren. Sein Vater Manela Prajs war Viehhändler, die jüdische Familie zählte zur Mittelschicht der Stadt. Im September 1942 begann die Deportation der jüdischen Bevölkerung Wolbroms, wobei die Familie auseinandergerissen wurde. Morris und seine Brüder Machel und David wurden mit Viehwagons in das „Judenlager“ Prokocim (Julag II) verschleppt, einem Zwangsarbeitslager im Südosten Krakaus. Hier musste Morris Price Gräben für Rohrleitungen ausheben. Am 13. März 1943 liquidierte die SS das Krakauer Ghetto und Morris Price wurde nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Die Selektion überlebte er nur, weil er in einem unbeobachteten Moment vom Lastwagen sprang und sich bei seinen beiden älteren Brüdern einreihte, die als arbeitsfähig eingestuft worden waren. Morris Price musste in 12-Stunden-Schichten Schwerstarbeit im Kanalisationsbau leisten. Selbst als er an Typhus erkrankt war, schleppte er sich noch zu seinem Arbeitskommando, um der Gaskammer zu entgehen. Im Oktober 1944 wurde Morris Price nach Kaufering überstellt. In dem Außenlagerkomplex des KZ Dachau mussten jüdische Häftlinge vor allem aus Polen, Ungarn und Litauen halbunterirdische Großbunker für die Serienproduktion des Düsenflugzeugs Messerschmitt Me 262 hochziehen. „Die Vernichtung durch Arbeit“ war dabei Kalkül, obwohl das Regime den Bau des Jagdflugzeugs als kriegsentscheidend einstufte. So starben Tausende von Häftlingen an Krankheiten, Misshandlungen und den katastrophalen hygienischen Verhältnissen, vor allem aber an der harten körperlichen Arbeit bei vollkommen unzureichenden Essensrationen. In den letzten Apriltagen trieb die SS die Häftlinge auf Todesmärschen Richtung Alpen, wobei Morris Price am 1. Mai 1945 von der US-Armee befreit wurde. Während seiner Rückkehr nach Polen erfuhr er, dass seine beiden Schwestern Sabina und Helen und sein Bruder Machel überlebt hatten. Mit seinen Geschwistern ließ sich Morris Price zunächst in München nieder. Im September 1949 emigrierte er in die Vereinigten Staaten. Ein Jahr später wurde er während des Koreakrieges (1950/1951) zum Militärdienst einberufen. Nach seiner Entlassung aus der US-Armee 1952 leitete er zunächst ein Pfandhaus in Portsmouth, Ohio. Seit 1955 lebt er in Kalifornien, wo er nach 26 Jahren Tätigkeit für ein Versandhaus sein eigenes Schmuckgeschäft eröffnete. 1961 heiratete er, das Paar bekam drei Kinder. Morris Price engagiert sich seit zehn Jahren als Zeitzeuge für das Museum of Tolerance in Los Angeles.

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Jack Repp


Jack Repp wurde 1923 als Yitzhak Rzepkowiz in eine gutsituierte jüdische Familie geboren. Sein Vater war Inhaber eines Warenhauses in Radom. Während der deutschen Besatzung Polens wurde der 15-jährige im Oktober 1939 von der Schule weg verschleppt. Damit begann seine Odyssee durch das nationalsozialistische Lagersystem. Zunächst musste er im Arbeitslager des Ghettos Radom Zwangsarbeit für die Rüstungsindustrie leisten. Am 24. Juli 1944 evakuierte die SS das Lager vor der anrückenden Roten Armee und trieb die Häftlinge auf einem Todesmarsch nach Auschwitz – vier oder fünf Tage lang, ohne Essen und Trinken. Bereits zwei Wochen später, am 9. August, wurden 2.189 Häftlinge von Auschwitz zur „Vernichtung durch Arbeit“ in das KZ Vaihingen/Enz (Baden-Württemberg) verlegt: Der Transport bestand ausschließlich aus polnischen Juden des KZ Radom, darunter auch Jack Repp. In Vaihingen, einem Außenlager des KZ Natzweiler-Strutthof im Elsass, mussten die Häftlinge unterirdische Großbunker für die Produktion von Flugzeugteilen für die Firma Messerschmidt bauen. Allerdings wurden die Arbeiten am „Projekt Stoffel“ bereits im Oktober eingestellt und Jack Repp wurde in das KZ Hessental überstellt. Der dortige Fliegerhorst mietete die Häftlinge, um Landebahnen nach Bombenangriffen instand zu setzen. Auch hier war der Lageralltag von brutalen Misshandlungen, Morden, systematischem Hunger, katastrophalen hygienischen Bedingungen und Seuchen gekennzeichnet. Am 5. April 1945 trieb die SS die Häftlinge nach Dachau-Allach, wobei noch einmal viele umkamen. Jack Repp wurde schließlich im Konzentrationslager Dachau befreit. Von seiner Familie hatte nur seine Schwester Nanette in Paris überlebt, seine zweite Schwester, seine vier Brüder und seine Eltern wurden ermordet. 1949 emigrierte Jack Repp in die USA und betrieb 44 Jahre lang ein Kaufhaus in Dallas. Als Zeitzeuge berichtet er regelmäßig über seine Erfahrungen, insbesondere für das Dallas Holocaust Museum.

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Agnes Sassoon


Agnes Sassoon wurde 1933 als Ágnes Lichtschein im tschechischen Vylok (heute Ukraine) geboren. Ihr jüdischer Vater war Lehrer. Bis 1939 lebte die Familie in Bratislava (Pressburg). Doch als die Wehrmacht die Tschechoslowakei überfiel, flohen die Eltern mit Agnes und ihrem drei Jahre älteren Bruder nach Budapest. Aber nach dem Einmarsch der Wehrmacht 1944 in Ungarn war die Familie erneut in Lebensgefahr. So trieb die SS seit dem 6. November fast 50.000 Juden aus der Hauptstadt auf Todesmärschen nach Hegyeshalom (Nickelsdorf) an der ungarischen Grenze. Dabei musste die 11-jährige Agnes, zuvor direkt nach dem Unterricht vor ihrer jüdischen Schule verhaftet, die 200 Kilometer ohne ausreichende Versorgung bei Kälte und Nässe zu Fuß zurücklegen. Eingepfercht in einen Viehwagon wurde sie von dort nach Kaufering, einem Außenlagerkomplex des KZ Dachau, verschleppt. Agnes Sassoon überlebte einen weiteren Todesmarsch, obwohl sie von einer Wache angeschossen wurde. Schwer verwundet wurde sie schließlich im KZ Bergen-Belsen von britischen Truppen befreit. Einige Monate nach Kriegsende kehrte sie nach Budapest zurück. Es folgte ein Schulaufenthalt in Prag, wo sie den Entschluss fasste, nach Israel auszuwandern. Noch in der Tschechoslowakei engagierte sie sich für die zionistische Untergrundorganisation Breha, die die Einreise von Überlebenden nach Palästina organisierte. Seit 1957 lebt Agnes Sassoon mit ihrem Mann und ihren beiden Söhnen in London. 1983 erschienen ihre Erinnerungen „Agnes, How My Spirit Survived“ (deutscher Titel: „Überlebt. Als Kind in deutschen Konzentrationslagern, Weinheim und Basel 1992).

 

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